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Imme Frahm-Harms, Germanistin

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Repair Café

Reparieren statt konsumieren

Wussten Sie, dass es in Oldenburg, genauer gesagt in der Innenstadt, ein „Amt für materielle Abrüstung“ gibt? Es befindet sich in der Baumgartenstraße 11-12 und öffnet seine Türen zurzeit jeden ersten Samstag im Monat von 14 bis 18 Uhr (also am 7. Februar, 7. März, 11. April …).

Dieses „Amt für materielle Abrüstung“ ist Teil des Repair Cafés. Angenommen wird hier alles, was überflüssig ist: Dinge, die keinen Sinn haben, die niemand (mehr) braucht und die in Ecken, Kartons oder Kellern liegen und nur Platz wegnehmen. Hier können Sie all das kostenlos abgeben und dadurch ganz persönlich materiell abrüsten.

Angegliedert an das Amt für materielle Abrüstung ist seit Januar 2015 das „Museum des Konsumwahns“. Auch hier geht es um Dinge, die die Welt nicht braucht. Als skurrile Exponate erfüllen sie in diesem Zusammenhang dann wenigstens doch noch einen Sinn.

Die ursprüngliche Idee für das Repair Café basiert auf dem Engagement von vier Mitarbeitern der Universität Oldenburg. Einer von ihnen ist Prof. Niko Paech, der als Volkswirt und seit 2010 als Gastprofessor am Lehrstuhl für Produktion und Umwelt („PUM“) an der hiesigen Universität arbeitet. Sein Ansatz in dieser kapitalistischen, alles andere als nachhaltigen Welt ist ebenso kurz wie prägnant: „Wir sollten weniger arbeiten und mehr Zeit haben, um Dinge zu reparieren. Wir sollten lernen, wie man Nahrung im Garten anbaut, wir sollten Äpfel aufsammeln und in den Austausch miteinander treten und uns, wo immer es geht, aus dem kapitalistischen Kreislauf raushalten und in den Wiederverwertungskreislauf einmischen.“ All das eben, was die so mancher Ältere schon von jeher so handhabt und das jetzt von Kapitalismus-Kritikern aufgegriffen wird.

Das Repair Café versteht sich als aktive Bewegung gegen die Wegwerfgesellschaft. Große und Kleine können hier unter Anleitung ehrenamtlicher Fachleute defekte Gegenstände reparieren. Außerdem lernen sie, wie aus Altem etwas Neues entstehen kann. Auf dem Verschenktisch kann sich zudem jeder etwas Nützliches aussuchen bzw. ein mitgebrachtes Teil gegen ein anderes austauschen.

Das Repair Café agiert bewusst auf unterschiedlichsten Ebenen:

Der ökologische Nutzen: Dinge zu reparieren schont die Umwelt ebenso wie das Klima und es stärkt das Bewusstsein dafür, welcher Aufwand eigentlich in den Konsumgütern steckt, die oft achtlos gekauft und wieder weggeworfen werden.

Der soziale Nutzen: Reparieren verbindet. Ganz nach dem Motto: „Hilf anderen, lass dir helfen, lerne neue Leute kennen.“

Der finanzielle Nutzen: Reparieren spart doppelt Geld, weil: Wer nichts Neues kauft, zahlt zudem keine Entsorgungskosten.

Der persönliche Nutzen: Reparieren bedeutet, dass wir uns selbst helfen. Außerdem macht es Spaß und stolz, etwas Praktisches geschaffen zu haben. Reparieren ist Wertschätzung!

Neuerdings werden im Repair Café übrigens nicht nur Gegenstände repariert, sondern auch Gedanken und Gefühle. Denn neben den Experten für Nähen, Flicken, Löten und Schrauben geben Schauspieler/innen aus dem Ensemble des Oldenburger Staatstheaters ihr Wissen als Spezialisten für Sprechen, Bewegung, Singen, Vorlesen und Küchenpsychologie an die Besucher weiter. Schauen Sie doch mal rein, es lohnt sich! Der Eintritt ist frei, Spenden – auch materieller, naturaler Art – sind willkommen.

aus: Herbstzeitlese – Die Seniorenzeitung für Oldenburg und umzu, Ausgabe 112

Imme Frahm-Harms · Germanistin (M.A.) · Telefon: 0441/20 13 45 · textur(at)t-online.de
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