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Imme Frahm-Harms, Germanistin

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Bernhard Remmers

Erfolg braucht Visionen

Es gibt Menschen, die kennen ihren Weg. Menschen, deren Berufung geradewegs in ihren wesenseigenen Beruf mündet. Die schon frühzeitig wissen, wo es langgeht im Leben. Zu diesen Menschen gehörte Bernhard Remmers, geboren am 2. November 1919. Zeitlebens blieb er seiner Heimatstadt Löningen treu. Wie er überhaupt den wichtigen Dingen im Leben treu blieb. Nicht zuletzt sich selbst.

Bernhard Remmers hatte eine ausgeprägte Begabung, mit Menschen umzugehen, sie zu überzeugen. Schon gleich nach Kriegsende war er, der geborene Verkäufer, unterwegs in Trümmerdeutschland. Sein Programm: Öle und Fette. Sein Erfolg: Außerordentlich. Was er in diesen „Lehrjahren“ von der Pike auf lernt, vergisst er sein Leben lang nicht.

Bald schon zog es ihn in die Selbstständigkeit. Seine ganz persönliche „Stunde Null“ hatte geschlagen. Jetzt zeigte sich, dass er zugleich auch der geborene Kaufmann ist. Unterstützt wird er zu diesem Zeitpunkt bereits von seiner Frau Hilde, geborene Tönnies. Sie ist und bleibt der gute Geist an seiner Seite. Ohne ihren Rückhalt, ihre lebenslange Unterstützung wäre nicht nur sein Leben, sondern auch sein unternehmerischer Weg anders verlaufen.

Doch Bernhard Remmers war in seinen 84 Lebensjahren mehr als nur Vollblut-Unternehmer und Familienvater. Für seine Mitmenschen war er eine vielseitige, ausgeprägte Persönlichkeit: Pionier, Förderer und Bundesverdienstkreuzträger, Problemlöser sowie Freund des Handwerks und des Denkmalschutzes. Seine natürliche Autorität machte ihn in seinem Bereich zu einer unangefochtenen Respektsperson. Dabei war er stets bodenständig, einfach und bescheiden.

Dies sind die Eigenschaften, die ihn im Grunde ausmachten. Daneben war er manchmal auch Einzelgänger, der für sich allein im stillen Kämmerlein Entscheidungen traf. So war er und so kannten ihn seine Wegbegleiter.

In erster Linie aber war Bernhard Remmers eines: Mensch. Immer hatte er ein offenes Ohr für die Probleme anderer. Immer war er ansprechbar und – nicht selten – der väterliche Freund.

Unter seiner Leitung wuchs die „Remmers Baustofftechnik“ über die Jahrzehnte vom Ein-Mann-Unternehmen zu einer Unternehmensgruppe mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Mit sicherem Gespür fand und förderte „der Chef“, wie er von den meisten genannt wurde, talentierte Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die er für seine Ideen begeistern konnte. Seinem Engagement und seinen Visionen ist es zu verdanken, dass das Unternehmen heute weit über die Grenzen Deutschlands hinaus zu den Marktführern im Bereich Holz- und Bautenschutz zählt.

Er war bekannt für seine treffenden Sprüche, mit der er die unterschiedlichsten Situationen kommentierte. Entweder erfand er diese Aussagen selbst oder sie waren ihm irgendwo zu Ohren gekommen. Bei Gefallen schrieb er sie in sein Notizbuch, das er eigens zu diesem Zweck immer in der Tasche hatte. Zu seinen Kernaussagen gehörte ein Satz, der in etwa lautete: „Meine Firma ist mein Hobby, mein Hobby ist meine Firma.“ Und weil dies der Realität sehr nahe kommt, läuft parallel zu seiner Geschichte immer auch die seines Unternehmens.

Mit diesem Buch soll der Lebensweg dieses einmaligen Menschen in Ausschnitten nachgezeichnet werden. Seine aufrechte Art und seine Herzlichkeit werden uns immer in Erinnerung bleiben. Er war und ist uns ein Vorbild. Wir werden seinen Weg weitergehen und damit sein Lebenswerk in seinem Sinne fortsetzen.

Löningen, Juli 2005

Vorstand, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Remmers Baustofftechnik

Stunde Null

Die Geschichte des Unternehmers Remmers ist eng verknüpft mit der Geschichte der Bundesrepublik. Die Zeichen im Nachkriegsdeutschland weisen auch 1949 weiter in Richtung „Aufbau“. Dabei gilt die Bauwirtschaft als Schlüssel-Industrie. Und mit ihr wird die Bauchemie geboren. Trotzdem gibt es in jener Zeit viele, die glauben, dass Arbeiten mit Bagger und Abrissbirne das einzig richtige Sanierungskonzept sei.

Nicht so Bernhard Remmers. Während Deutschland den Trümmern entwächst, gründet der knapp Dreißigjährige ein Jahr nach der Währungsreform sein Unternehmen in Löningen.

Alles beginnt in einer zugigen Garage – genauso wie Jahrzehnte später beim Computer-Spezialisten Bill Gates. Hier wird gearbeitet, gelagert und abgefüllt. Das heißt nur dann, wenn Leergebinde zur Verfügung stehen, denn die sind absolute Mangelware in dieser Zeit.

Nachts dient die Garage auch als Unterstellplatz für den ersten Firmenwagen, einen alten Opel P4. Um an Benzin zu kommen, muss der junge Unternehmer die Notwendigkeit nachweisen, ein Auto führen zu dürfen. Doch als Handlungsreisender wird ihm das Recht von den zuständigen Behörden alsbald zugestanden. So ist er nicht gezwungen, das täglich teurer werdende Benzin auf dem Schwarzmarkt zu erstehen.

„Direktvertrieb“ lautet die Devise. Seine Frau Hilde steht ihm von morgens früh bis abends spät mit Rat und Tat zur Seite. Für einen Angestellten reicht es nicht. Doch Bernhard Remmers kann sich auf seine Erfahrung verlassen. Mit seinem Musterkoffer zieht er über Land und versucht, die Menschen davon zu überzeugen, dass nicht nur das neu Geschaffene etwas gilt, sondern „dass ein entscheidender Faktor unseres Fortschritts und unserer Identität auch in der Erhaltung unserer Kulturgüter liegt“.

Er sucht – und findet – das persönliche Gespräch mit Kunden und Lieferanten. Auf diese Weise ist er immer mit einem Ohr am Markt. Da er die Probleme am Bau frühzeitig erkennt, kann er entsprechend schnell auf die Bedürfnisse des Marktes reagieren.

Zu den Produkten, die er allesamt ambulant verkauft, gehört in erster Linie Riemen- und Melkfett für Landwirte. Darüber hinaus handelt er mit Farben, Lacken sowie Mörtel- und Betonzusatzmitteln, aber auch mit Haushaltswaren wie zum Beispiel Schuhkreme. In diesen Monaten ist Improvisation Trumpf. Doch das ist ohnehin der Trend in Deutschland im ausgehenden Halbjahr des 20. Jahrhunderts.

Imme Frahm-Harms · Germanistin (M.A.) · Telefon: 0441/20 13 45 · textur(at)t-online.de
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